Noch ist Connected Car in den meisten Fällen Zukunftsmusik. Die Vernetzung von Mensch und Auto, der Autopilot oder die komplette automatisierte Fahrt im PKW befindet sich im Versuchsstadium. Laut einer Studie der Unternehmensberatung McKinsey wächst der Markt für Autovernetzung stetig. Vor allem in China ist man hoch motiviert und die Autoindustrie kann sich freuen.
Gastautor: Ralf Bernert
Die McKinsey Studie ist 48 Seiten lang und es gibt reichlich Zahlen und Diagramme. Das wichtigste, was man aus der Befragung von 3.184 Autokäufern lernen kann, ist die Aussicht auf einen sehr aktiven Markt, der in den nächsten Jahren die Auto- und Zuliefererdindustrie nachhaltig verändern wird. Im Juli und August 2015 hat McKinsey & Company eine Befragung unter insgesamt 3.184 Kunden in Deutschland (1.123 Kunden), den USA (1.051 Kunden) und China (1.010 Kunden) durchgeführt, die kürzlich ein Auto gekauft haben. Abgefragt wurden die Präferenzen der Kunden beim Autokauf, ihr Interesse an datengestützten Diensten, ihr Verhalten beim Thema Datenschutz sowie ihre Ansichten über Fahrzeuge mit automatisierten und autonomen Funktionen.
Chinesen würden für Netztechnik sofort die Marke wechseln
60 Prozent der chinesischen Kunden würden ihrer Stammmarke sofort untreu werden, sollte ein Wettbewerber bessere und modernere Technik im Bereich Connectivity anbieten. Die Befragten in Deutschland waren hier weniger stark motiviert, nur jeder Fünfte war bereit wegen besserer Angebote die Marke zu wechseln. Dabei spielte die angebotene Anwendung vor allem in Deutschland eine besondere Rolle. Ganz oben auf der Liste stehen Navigation und Mobilität, die geringste Bedeutung für deutsche Kunden spielen Games und Media Streaming. Vor allem Großstädter unter 40 Jahre sind besonders wechselwillig, dabei spielt auch die bisherige Marke eine wichtige Rolle. Die im Rahmen der Befragung genannten Marken wurden im Zusammenhang mit Netztechnik und Kundentreue höchst unterschiedlich bewertet. Die Spreizung wechselwilliger Kunden reicht von 10 bis 73 Prozent.
Das Thema Datenschutz spielt eine wichtige Rolle
Welche Rolle spielt die Sicherheit der Datentransfers und weshalb sind die meisten Befragten mit dem Versand persönlicher Daten an den Anbieter einverstanden? Fast 90 Prozent aller Befragten wissen, dass die Nutzung von Netztechnik im Auto die Erfassung und den Weitertransport von persönlichen Daten zur Folge hat.
Dass diese Daten an Dritte weiter gegeben werden, ist dabei kein Problem, selbst wenn die Kunden vorher die Datenweitergabe deaktivieren konnten. Was auf den ersten Blick nach einem Freibrief für Datensammler klingt, zeigt auf den zweiten Blick, dass der Kunde beim Thema Datenschutz eher resigniert hat. Man scheint das Problem zu kennen, kann es jedoch nicht lösen zu können. Zudem ist der Nutzen für die meisten Befragten wichtiger als der Schutz der eigenen Daten.
Produktverbesserung ist wichtiger als Privatsphäre
Wenn der Hersteller glaubhaft versichert, dass die gesammelten Daten für die Verbesserung des Produktes verwendet werden, sind von 100 Befragten 76 Prozent im Gegenzug bereit ihre Daten weiter zu leiten. 21 Prozent stimmt dem Datentransfer nur zu, wenn die Daten nicht an Dritte weiter gegeben werden und 55 Prozent würden ohne Einschränkungen zustimmen. Im Rahmen der Befragung stellten sich interessante regionale Unterschiede dar. Während man in Deutschland den Autoherstellern mehr Vertrauen als den Anbietern von Smartphone-Software entgegen bringt, ist es in China genau umgekehrt. In den USA wird beiden Anbietern ein gleich hohes Maß an Vertrauen entgegen gebracht.
McKinsey Studie: Beste Chancen für innovative Hersteller
Auch wenn vor allem in Deutschland das Thema Vernetzung teilweise mit Argwohn und Skepsis beobachtet wird und viele potenzielle Kunden vorerst zurückhaltend agieren, kann man weltweit von einer umfassenden und weitreichenden Entwicklung ausgegangen werden. Die Autoindustrie steht vor großen Herausforderung in Kombination mit erheblichen Wachstumspotenzialen. Die Studie von McKinsey belegt, dass schon bald neue Geschäftsmodelle und Einnahmequellen erschlossen werden können. Für den Kunden stehen derzeit Dienste, die direkt mit der Mobilität in Verbindung stehen an oberster Stelle. Hier werden Navigationsdienste, automatisiertes und vernetztes Parken und Sicherheits-Dienste besonders stark nachgefragt. Das führt zu einer starken Nachfrage am Arbeitsmarkt für Spezialisten, die derzeit noch nicht ausreichend vorhanden sind. Hier sieht McKinsey eine der wichtigsten Aufgaben für die Industrie und auch den Staat. Ausbildung und Förderung von Fachleuten auf dem Gebiet der Netz- und Software-Entwicklung werden schon bald händeringend gesucht. Im Bereich Datensicherheit werden vor allem in Deutschland weitere Hemmnisse abgebaut werden müssen, hier ist der Gesetzgeber gefordert.
Grundsätzlich ist das Thema Connected Cars ein hoch interessantes und vor allem für die Wirtschaft ein extrem profitables Feld, auch deshalb, weil die Industrie an dieser Stelle mit Innovationen und Qualität punkten kann.
Startbild: BMW
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