Wem gehören die Daten im Auto und wer darf sie wofür verwenden? Datenschutz im Auto ist ein viel diskutiertes Thema.
Gastautor: Ralf Bernert
Jeder Druck auf den Knopf löst eine Nachricht aus. Der Wagen wurde geöffnet, geschlossen, geparkt oder mit 150 km/h über die Autobahn geschickt. Welche Musik wurde abgespielt, welcher Radiosender gehört, wieviele Personen waren im Auto und an welcher Abbiegung wurde vorher nicht geblinkt? Fragen über Fragen zum Thema Datenschutz im Auto. Die Antwort weiß ein Computer, in dem alle diese Informationen gesammelt und sortiert werden.
Die Frage lässt sich klar beantworten: Es gibt derzeit noch keine klare Antwort. Der Datenschutz, in unserem Land per Bundesdatenschutzgesetz geregelt, hat sich mit dem Thema Connected Car noch nicht ausgiebig beschäftigt und er wird es auch in naher Zukunft nicht tun. Wie so oft, wartet der Gesetzgeber auf den richtigen Zeitpunkt. Der liegt dann vor, wenn jemand vor Gericht zieht und vom Richter wissen will, wem nun nach dem Unfall die Fahrzeugdaten gehören und ob sie zur Klärung der Schuldfrage genutzt werden dürfen.
Datenchutz im Auto – die Details
Datenschutz in Deutschland ist personengebunden. Das bedeutet, sobald die Daten direkt in Verbindung mit einer Person stehen, sind sie geschützt. Darf der Richter die Daten aus dem Wagen zur Klärung heranziehen? Oder muss er den betroffenen Fahrer um Erlaubnis bitten? Wir wissen, dass Onboard-Kameras oder Dashcams. Sie werden seit etlichen Jahren im Ausland gern verwendet um nach Unfällen den Schuldigen zu finden. In Deutschland ist der Einsatz umstritten . Die Aufzeichnungen können Persönlichkeitsrechte verletzten. Natürlich gibt es Ausnahmen, bei besonders schwerwiegenden Delikten können in Einzelfällen Daten aus den Kameras verwendet werden. Grundsätzlich aber bleibt der Schutz der Persönlichkeit bestehen, auch deshalb, weil man während der Fahrt Personen und deren Verhalten aufzeichnet, die in keinem Zusammenhang mit einem späteren Unfall stehen. In diesem Zusammenhang zeigt sich, dass Datenschutz und moderne Kommunikations-Technik im Straßenverkehr noch ganz am Anfang stehen.
Rechtliche Grundlagen
Weit komplexer und wesentlich umfangreicher ist die Suche nach der rechtlichen Grundlage zum Thema Datenspeicherung und ihre Verwendung im Zusammenhang mit automatisiert fahrenden Autos und den derzeit schon verwendeten Sensoren, deren Datenerfassung und Auswertung. Im Moment rüsten viele Hersteller und Zulieferer Automobile mit Sensoren, Kameras und Datenspeichern aus, hinzu kommt die Verknüpfung von externen Datenspeichern, wie Smartphones und Clouds. Zudem werden seit etlichen Jahren Fahrzeugdaten wie Motorzustand, Bremsen, Reifendruck, Zustand der Bordelektronik und Fahrzeugnutzung von Herstellern aufgezeichnet, gespeichert und später genutzt.
Hier eine kleine Aufstellung auf welchem Weg, welche Daten im Fahrzeug gespeichert werden und wie sie weiter verwendet werden können. Steuergeräte im Auto registrieren alle für den Betrieb des Autos relevanten Fakten, wie Motortemperatur, Öldruck, Tankfüllstand, Drehzahl, Geschwindigkeit, Anzahl der Passagiere, Notbremsungen und so weiter. In großen Luxus-Fahrzeugen werden bis zu 100 Steuergeräte verwendet. Die Hersteller speichern die Daten und werten sie zur Qualitätsanalyse aus, in der Werkstatt werden die Daten zur Fehlersuche verwendet, Gutachter dürfen die Daten verwenden.
Über die Navigationsfunktion im Fahrzeug werden sämtliche Bewegungsdaten erfasst und gespeichert. In einzelnen Fällen werden die Daten zur Verkehrsplanung verwendet, einzelne Hersteller bieten die Möglichkeit, die Bewegungsdaten zu löschen, andere Hersteller geben nur anonymisierte Daten an Dienstleister weiter. Unterhaltungs- und Kommunikationsdaten, die über eine SIM-Karte des Wagens erzeugt werden, wie Telefonate und die damit verbundenen Namen und Rufnummern, Mailadressen, Internetadressen, Gesprächsdauer, und Musik- oder Radiosendeauswahl werden erfasst und gespeichert. Die meisten Hersteller bieten eine Löschung oder Deaktivierung der Speicherfunktion an.
Wenn Sie der Weiterverwendung der Daten zustimmen oder keine Löschung anordnen, können viele dieser Daten weiterverkauft und kommerziell vom Hersteller direkt verwendet werden. Zwei Beispiele verdeutlichen die Tragweite der Vernetzung von Mensch und Maschine.
Mensch und Maschine: Beispiel 1
Autoversicherung. Einige Versicherer bieten deutliche Rabatte, wenn der Versicherte seine Fahrweise überwachen läßt. Sobald er sich den Kriterien der Versicherung entsprechend verhält, also niemals schneller als 130 km/h fährt, möglichst selten stark bremst oder sehr schnell anfährt, werden ihm Rabatte bei der KFZ-Versicherung angerechnet. Dies funktioniert natürlich nur, wenn der Versicherer alle Fahrzeugdaten einsehen und auswerten darf, die die Fahrweise des Versicherten dokumentieren. Die Daten werden entweder über externe Datenerfassungs-Geräte ausgelesen oder direkt über die Sensorik und Kommunikationstechnik erfasst. Natürlich kann der Versicherer die Daten auch für andere Produkte, wie Unfall-, Kranken- oder Lebensversicherungen nutzen. Immerhin setzt sich ein umsichtiger und defensiver Fahrer eher selten einem hohen Unfallrisiko aus.
Mensch und Maschine: Beispiel 2
Das zweite Beispiel betrifft die Werkstatt und damit verbundene Unternehmen. Über die Steuergeräte und die damit verbundene Kommunikation im Fahrzeug, ist die Werkstatt in der Lage eine live-Diagnose durchzuführen. Dieser Service wird von einigen Herstellern angeboten und soll vor großen Schäden schützen. Wenn im Fahrzeug der Öldruck zu niedrig ist, kann die Werkstatt den Besitzer informieren und Gegenmaßnahmen vorschlagen oder durchführen. Das klingt sehr positiv und wird wohl auch in der Regel genau so ablaufen. Natürlich kann eine Werkstatt auch die neuen Winterreifen anbieten, den Frühlingscheck ins Gedächtnis rufen oder die Daten an verbundene Hersteller von Zubehör leiten. Das ist natürlich untersagt, aber die Möglichkeit besteht.
Die beiden Beispiele zeigen, dass wir erst am Anfang der Entwicklung stehen. Jede Form der Datenerfassung und deren Verwendung kann weitreichende Folgen haben. Nach einem Unfall könnte der Besitzer des Unfallwagens alle Daten löschen oder manipulieren lassen, was eine Klärung der Schuldfrage deutlich erschweren würde. Wer seinen Wagen verkaufen will, sollte seine persönlichen Daten löschen lassen. Wer einen Gebrauchtwagen kauft, sollte sich vorher über alle gespeicherten Daten, wie Kilometerstand, Werkstatt-Historie und Unfälle informieren.
Der Gesetzgeber ist bei diesem komplexen Thema weite hinter Realität unterwegs. Er fährt im Grunde hinterher und bei der derzeitigen Geschwindigkeit im Zusammenhang mit der Kommunikations-Technik und der Mensch-Maschine-Verknüpfung wird sich der Einzelne weitgehend eigenständig über die Speicherung und Verwendung seiner Daten informieren müssen.
Startbild: Audi
Über den Autor:
Ralf Bernert ist Chefredakteur von „Exclusive-Life – das Online-Magazin für den besonderen Lifestyle„. Dort schreibt er über Erfahrungen rund um das Automobil, Reisen und Handwerkskunst.
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